Zum Inhalt springen

Propeller

PRAXIS PROPELLER

Propeller gehören zu den wichtigsten Bauteilen im Antriebsstrang eines jeden Motorbootes. Eine falsche Propellerwahl führt zu schlechten Fahrleistungen und kann möglicherweise sogar das Getriebe des Motors beschädigen. Wir haben uns auf die Suche nach dem richtigen Propeller begeben.

Wie finde ich den richtigen Propeller für mein Boot? Der Anfang unseres Exkurses in die Welt der Schiffs- und Bootspropeller begann mit dieser Frage, der wir dann mit einer Spurensuche auf den Grund gingen. Jedes Motorboot besitzt mindestens einen Propeller, und der muss richtig abgestimmt sein. Eine falsche Propellerwahl beeinträchtigt die gesamten Fahrleistungen des Bootes inklusive Kraftstoffverbrauch und kann zu mechanischen Belastungen und Schäden an Getriebe und Motor führen. Deshalb kommt hier eine kleine Motorboot-Propellerkunde.

Messing-Schiffspropeller in einer Drehbank

Wenn ein falscher Propeller montiert ist, erreicht der Motor unter Volllast nicht den vom Hersteller angegebenen maximalen Drehzahlbereich. In diesem Fall muss ein anderer Propeller gewählt werden. In der Praxis ist das häufiger der Fall als man denkt. Doch auch beschädigte Props beinträchtigen die Fahrleistungen zum Teil ganz erheblich. Sind sie irreparabel beschädigt, werden sie meist komplett ausgetauscht. Anderseits können Propeller auch repariert werden, was sich im Falle größerer Propeller oder teuren Antrieben durchaus lohnt.

Doch bevor wir uns auf die Suche nach dem richtigen Propeller machen, wollen wir uns mit den allgemeinen Kenngrößen beschäftigen. Propellermaße werden allgemein in Zoll angegeben. Dabei sind für uns der Durchmesser (engl. Diameter) und die Steigung (engl. Pitch) interessant. Ein Aufdruck mit der Bezeichnung 13 x 21 bedeutet: Der Propeller hat einen Durchmesser von 13 Zoll (33 cm) und eine Steigung von 21 Zoll (53 cm). Die Steigung wird auf der druckseitigen Flügeloberfläche gemessen und bemisst die theoretisch zurückgelegte Distanz des Propellers bei einer 360-Grad-Drehung. Ein 13 x 21 Propeller würde also bei einer Umdrehung 53 cm zurücklegen. Eine Änderung der Steigung um ein Zoll, verändert die Drehzahl des Motors um ca. 200-300 Umdrehungen.

Den Unterschied zwischen der theoretischen und der real zurückgelegten Distanz bei einer vollen Drehung nennt man Schlupf, denn Wasser ist ja kein festes Medium und der Prop würde gewissermaßen „durchdrehen“. Weist der Propeller beispielsweise eine Steigung von 53 cm (21 Zoll) auf und bewegt sich nur 45 cm vorwärts, so beträgt der Schlupf 15 Prozent. Ein weiteres Propeller-Kriterium ist die Neigung, die den Winkel zwischen Flügel und der Senkrechten zur Nabe angibt. Je stärker der Flügel nach hinten zeigt, desto stärker ist die Neigung, die im Winkelmaß Grad angegeben wird. Propeller von Außenbordern und Z-Antrieben haben etwa 15 Grad Neigung. Schließlich ist auch die Drehrichtung wichtig, die mit R oder L vermerkt ist und sich nach der Drehrichtung des Motors richtet. So dreht, von hinten betrachtet, ein rechtsgängiger Propeller im Vorwärtsgang im Uhrzeigersinn. Wenn ein der Drehrichtung entgegengesetzter und falscher Prop montiert ist, fährt das Boot rückwärts statt vorwärts, der Schub dreht sich um.

Beim Austausch von Antriebsmaschinen müssen oft auch die Propellergrößen gewechselt werden

Auf der Wissens-Expedition in die Welt der Propeller besuche ich zunächst die Gebrüder Schmidt in Bergholz-Rehbrücke südlich von Potsdam, um etwas über Propeller-Reparaturen zu erfahren. Schließlich kann es jeden erwischen und je teurer der Propeller, desto größer der Schmerz. Bei den Schmidts möchte ich mir erklären lassen, wann und ob sich eine Propellerreparatur lohnt und wie so ein Prozedere vonstattengeht. „Propeller-Schmidt“ ist seit 50 Jahren eine von Vater Herbert gegründete Institution, die heute in den Händen der drei Brüder Klaus (63), Holger (50) und Micha (61) liegt. Sie sind mit Leib und Seele Propellerschmiede und begreifen ihr Fach als Handwerkskunst. Ihr fundamentales Fachwissen und ihre Erfahrung versorgt sie mit Aufträgen, vor denen sie sich kaum retten können. Termine bei Propeller-Schmidt sind heiß begehrt.

Die Brüder von „Propeller-Schmidt“ aus Nuthetal, vlnr.: Klaus, Holder und Micha

„Ein Propeller sollte auf jeden Fall zu zwei Dritteln unbeschädigt und erhalten sein“, erklärt mir Klaus Schmidt. „Dann lässt sich fast jeder Propeller, egal ob aus Aluminium, Edelstahl, Messing oder Bronze, reparieren. Wir schauen uns den Propeller an und machen einen Kostenvoranschlag. Für den Kunden muss das Kosten-Nutzungsverhältnis stimmen. Nicht nur bei teuren und großen Propellern wie von den Wellenanlagen der größeren Tourenyachten machen Reparaturen Sinn. Wir reparieren grundsätzlich alles, solange sich der Aufwand lohnt. Zunächst stellen wir die Flügelgeometrie wieder her. Dabei füllen wir fehlendes Material mittels geeigneter Schweißtechnik wieder auf und beschleifen den Propeller danach. Schließlich wird die Steigung vermessen und gegebenenfalls mechanisch angepasst und feinjustiert. Nach dem Polieren oder der Lackierung ist der Propeller wieder einsatzbereit.“ Zur Propellerreparatur kann aber auch die Anpassung auf eine andere Welle gehören, wenn beispielsweise die Maschine an Bord ausgetauscht und ersetzt wurde. Was sich einfach anhört, erfordert neben technischem Verständnis und Erfahrung auch einen Maschinenpark mit Schweißgeräten, Drehmaschinen und Polierscheiben. Das die Gebrüder Schmidt auch komplette beschädigte Antriebs- und Wellenanlagen und Wellendichtungen austauschen und neue Wellen anfertigen, sei hier ebenfalls erwähnt.

Auch ein unsachgemäß von der Welle abgeschlagener Propeller kann unreparabler Schrott sein
Klassische Steigungsvermessung an einem Propeller für einen Wellenantrieb

Doch viele Kunden kommen mit einem anderen Problem zu den Schmidts. Sie suchen ganz einfach den passenden Propeller zu ihrem Boot. Diese komplizierte Berechnung wird heute von Computerprogrammen wie von Volvo Penta übernommen. Hierzu füllt der Kunde einen Fragebogen zu den wichtigsten Daten des Bootes aus. Dazu gehören Schiffsdaten wie Schiffstyp (Halbgleiter, Gleiter oder Verdränger), die Länge der Wasserlinie, die Breite des Schiffes, das Baumaterial (Stahl, Aluminium, GFK oder Holz), sowie die Wasserverdrängung in Tonnen. Weiterhin wichtig sind Antriebsdaten wie die Anzahl der Motoren, Fabrikat und Typ sowie die maximale Leistung bei welcher Drehzahl. Dann sollte die Getriebeuntersetzung genau angegeben werden. Anhand dieser Daten ermittelt das Programm den passenden Propeller, wobei am Ende noch auf den durch mögliche konstruktive Einbaubeschränkungen maximal möglichen Durchmesser geachtet werden muss. Auch dafür bietet das Programm Alternativen an.

Ausgetauschte Maschinen erforden meist auch einen neu angepassten Propeller

Mein informativer Besuch bei den Schmidts endet auch mit einem Wermutstropfen. „Wenn ich in Rente gehe“, so Geschäftsführer Klaus Schmidt, „verschwindet eine der letzten Propellerwerkstätten vom Markt. Einen Nachfolger haben wir bisher leider noch nicht gefunden …“

Klaus mit Bruder Holger Schmidt beim Fachsimpeln, welcher für die Vermessungen zuständig ist

Mein nächster Weg führt mich zu Johannes Kemper, einem Propeller-Großhändler in Hennigsdorf bei Berlin. In seinem Lager warten Hunderte von Propellern aller Art und Größe auf Auslieferung. Sein fundiertes Propeller-Wissen macht ihn zum gefragten Experten.

Großhändler und Propeller-Spezialist Johannes Kemper von „3a Trading“ aus Hennigsdorf

Was sollte man beim Propellerkauf grundlegend beachten?

Johannes Kemper.: „Motor und Boot müssen über den Propeller zu einer Einheit werden. Den sogenannten und vielzitierten Standardpropeller gibt es nicht. Hersteller liefern bei den kleinen Motoren zwar einen Propeller mit, aber es heißt nicht, dass dieser Propeller auch für alle Anwendungen passt. Man sollte sich immer anschauen, was man für ein Boot hat, mit wie vielen Personen man fährt und was man damit machen möchte; wie zum Beispiel schnell fahren, für den Wasserski-Schlepp einsetzen oder zum ökonomischen Wasserwandern. Und sollte man sich nicht sicher sein, hilft eine kurze Beratung, den richtigen Propeller zu finden, um das Optimale aus Boot und Motor herauszuholen. Dafür sollte man folgende Informationen kennen: Größe und Gewicht vom Boot, Motorleistung, Getriebeuntersetzung, Größe des vorhandenen Propellers und Drehzahl bei Vollgas.“

Alu, Edelstahl, Messing oder Bronze – wo und warum kommen unterschiedliche Materialien zum Einsatz?

Johannes Kemper: „Aluminium ist ein preiswertes und einfach zu verarbeitendes Metall. Die Propeller werden im Aludruckguss-Verfahren hergestellt und sind daher recht preiswert. Vorteil am Aluminium, es ist weich und bricht bei Grundberührung, die Wahrscheinlichkeit eines Getriebeschadens ist nicht sehr hoch. Gleichzeitig ist die geringe Festigkeit auch ein Nachteil, die Propellerblätter sind recht dick (haben damit mehr Widerstand) und verwinden sich, gerade bei starken Motoren. Edelstahl-Propeller sind preislich gesehen in der Regel zwei bis viermal Mal so teuer wie vergleichbare Aluminium-Propeller. Der Herstellung von Edelstahl-Propellern ist recht aufwendig, da sie einzeln gegossen und per Hand nachgearbeitet werden. Klarer Vorteil – durch den härteren Werkstoff können die Blätter dünner gefertigt werden und die Propeller verwinden sich weniger als Aluminium-Props. Größter Nachteil, bei Grundberührung ist ein Getriebe- oder Wellenschaden wahrscheinlicher als bei einem Aluminium-Propeller.

Drei Propeller bis 400 PS, v.l.n.r.: Mercury HighFive für Sport und Wakeboard, Mercury Enertia für Topspeed und Solas-4-Blatt für ökonomische und lange Gleitfahrt
Propeller mit Wechselblättern aus Polymer- kunststoff eignen sich ideal für kleinere Motoren bei Bootsvermietungen

Messing- oder Bronze-Propeller kommen hauptsächlich bei Wellenantrieben zur Anwendung, Messing oder ähnliche Kupferlegierungen sind sehr seewasserbeständig, abriebarm und weisen eine hohe Festigkeit auf. Da die Props relativ teuer sind, werden Sie für Außenborder und Z- Antriebe eigentlich nicht benutzt.“

Wie lassen sich die Steigungsregeln erklären, was bedeuten die Propellerangaben?

Johannes Kemper: „Die Propellerangabe 3-13 1/2 x 15 bedeutet, Dreiblatt-Propeller, 13,5 Zoll Durchmesser und 15 Zoll Steigung, und die meisten Hersteller geben die Größen in Zoll an. Honda schreibt die Größe in Millimeter auf die Propeller, da steht dann etwas wie 235 x 254, was dann auch Durchmesser und Steigung wäre in mm.

Steigungszahl beschreibt ja den Vortrieb, den ein Propeller bei einer Umdrehung macht. Grob kann man sagen, dass man mit einer höheren Steigung schneller fahren kann. Allerdings geht das nur, wenn der Motor auch seine maximal Drehzahl erreicht. Wenn der Motor zu niedrig dreht, kann man auch mit einer Senkung der Steigung eine höhere Geschwindigkeit erreichen. Zwei Beispielrechnungen:

Ein Motor darf 6.000 min-1 drehen, doch mit dem Propeller 13 x 19 dreht er 5.800 min-1, was schon recht optimal ist. Man kann auch noch einen 13 x 21 fahren, das Boot wird in der Regel bei etwa 5.400 min-1 noch ein wenig schneller, aber im unteren Drehzahlbereich träger. Ein Motor darf 6.000 min-1 drehen, doch mit einem 13 x 23 dreht er aber nur 4.200 min-1. Hier macht es keinen Sinn, die Steigung zu erhöhen, sondern in dem Fall sollte man die Steigung senken auf 17-19, damit der Motor höher drehen und das Boot schneller laufen kann.

Zwerg und Riese: Größenvergleich zwischen einem 2,5-PS-Außenborder-Propeller und einem Bravo II von Mercury

Wasserski, sportliches Fahren, ökonomische Fahrt – welche Propeller wofür?

Johannes Kemper: „Diese Frage beeinflusst die Propellerwahl. Für Wasserski sollte man einen Prop mit eher niedriger Steigung wählen, damit das Boot schnell in Gleitfahrt kommt und man eine maximale Beschleunigung hat. Höchstgeschwindigkeit ist hier zu vernachlässigen. Dafür eigenen sich besonders Propeller mit relativ kleinem Durchmesser und viel Blattfläche, zum Beispiel ein kleiner Vier- oder Fünfblattpropeller. Für einen Topspeed sollte man eine möglichst hohe Steigung fahren. Zum Beispiel mit einem Dreiblatt-Propeller, der weniger Widerstand hat als vergleichbare Vier- oder Fünfblatt-Propeller. Fürs Wasserwandern und eine ökonomische Fahrweise nimmt man auch eher eine höhere Steigung, aber mit großem Durchmesser. Die große Blattfläche hält das Boot auch noch bei niedriger Geschwindigkeit in Gleitfahrt und reduziert damit den Verbrauch.“

Oben links: 3-Blatt-Speed, oben rechts: 4-Blatt-Schub für schwerere Boote, unten links: 4-Blatt für ökonomische Fahrt und Laufruhe, unten rechts: 3-Blatt-Edelstahl zum letzten Feinschliff, er läuft 1-2 km/h schneller

Ein Propeller – verschiedene Schaftgrößen. Wann kommen Adapter zum Einsatz?

Johannes Kemper: „Diese Wechselsysteme gibt es ab der 40- bis 60-PS-Klasse. Dabei gibt es verschiedene Systeme die teilweise auch kompatibel sind wie Flo Torq von Mercury RBX von Solas oder XHS von Michigan. Vorteil der Austauschnaben ist, dass man nur noch den Prop tauscht. Die Nabe kann meistens weitergefahren werden und man kann die Propeller auf den gängigen Motoren und Z-Antrieben in der PS-Klasse fahren.“

Schließlich spricht der Experte noch das Thema Gummi-Rutschkupplungen an, die bekanntlich in manchen Propellern verbaut sind. „Sie lassen nach mehreren Grundberührungen nach und sollten dann ausgetauscht werden“, so Johannes Kemper abschließend und ich bedanke mich für das informative Gespräch zu unserer Motorboot-Propellerkunde.

Die Große Berliner Umfahrt

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner