TEST Four Winns HD 240 OB
Straßenkreuzer fürs Wasser
Auch hierzulande hat die zur Beneteau-Gruppe gehörende US-amerikanische Bootsmarke „Four Winns“ viele Fans und derzeit 18 verschiedene Modelle in vier Produktlinien im Angebot. Wir haben die stylische „Four Winns HD 240 OB RS“ mit Suzuki-Außenbordmotorisierung unter die Lupe genommen…
Die Geschichte der Werft aus Michigan reicht bis ins Jahr 1962 zurück, als das Unternehmen unter dem Namen „Safe-T-Mate Boat Company“ gegründet wurde. Später, im Jahr 1972, erwarben vier Mitglieder der Familie Winn die Firma und gaben ihr den Namen „Four Winns“. Fortan produzierte man Wasserski-Boote wie die „Horizon“-Modellreihe und spezialisierte sich auf Freizeitboote. Zur Saison 2014 kam die Marke „Four Winns“ unter das Dach der Beneteau-Gruppe und bereichert seitdem das Portfolio einer der größten und bedeutendsten Bootshersteller der Welt.
Der erste flüchtige Blick auf eine Four Winns HD 240 erinnert an einen US-Street-Cruiser – allerdings ohne Dach. Dicke Polster und Teppiche, tellergroße Lautsprecherboxen und fette Sessel, Getränkehalter und jede Menge glitzernder VA-Stahl scheinen dem Zubehör-Regal eines amerikanischen Autokonzerns entnommen zu sein. Ist das ein Straßenkreuzer fürs Wasser? Die Four Winns HD 240 OB, in unserem Verständnis eher ein klassischer Bowrider, ordnet die Werft selbst in die Kategorie der „Deck Boats“ (Decks-Boote) ein. Doch was ist ein Deck-Boot? Diese Frage lässt sich am einfachsten so beantworten: Ein Deck-Boot bietet mehr Platz und Komfort an Bord als ein klassischer Bowrider und hat eine etwas andere Rumpfform. Der Rumpf ist ein bisschen flacher gehalten, während ein Bowrider einen durchgehend tiefen V-Rumpf hat, damit dieser besser durch raues Wasser gehen kann. Das Deck-Boot hingegen ist eher für geschützte und weniger raue Reviere konzipiert, wo der agile Rumpf seine Vorzüge ausspielen kann. Bei Four Winns heißt der dafür entwickelte Rumpf „Stable-Vee–Hull“. Einigen wir uns auf Bowrider, also auf ein Boot mit offenem Vordercockpit. Die Four Winns 240 HD OB gibt es in verschiedeneen Ausstattungsvarianten, wobei in der Baureihe S (Signature) das umfangreichste Standardzubehör anzutreffen ist.
Über das Heck mit einer 220 x 70 cm großen Badeplattform und einen 45 cm breiten Durchgang kommt man bequem ins Bootsinnere. Dabei passieren wir eine nach hinten und zur Badeplattform gerichtete Doppel-Hecksitzbank, die sich zugleich als ideales Plätzchen für jeden Wasserspaß empfiehlt. Dass die üppig gepolsterte Sitzbank über Getränkehalter verfügt, ist selbstverständlich. Das mit Teppichen belegte, 210 cm breite und 170 cm lange Cockpit mit einer inneren Freibordhöhe von bis zu 110 cm vermittelt ein sicheres Gefühl. Auch hier wurde an Sitzplätzen nicht gespart. Es gibt neben einer Einzelsitzbank steuerbords eine zweite Doppel-Hecksitzbank, unter der sich Stauraum und der Platz für eine Kühltruhe befindet. Am Steuerstand und vor der Backbord-Konsole dominieren zwei regelrechte Sessel mit Flip-up-Funktion das Bild. Wer sich hier gemütlich niederlässt, der will so schnell nicht wieder hoch. In der „privaten“ Konsole ist neben einem Handschuhfach mit Spiegel auch eine Nasszelle mit Waschbecken verborgen, die standardmäßig über ein Chemie-WC verfügt. Einstieg und Begehbarkeit der etwa 120 cm hohen Nasszelle sind gut und ausreichend, ein elektrisches Marine-WC mit Tank lässt sich als kostenpflichtige Option bestellen. Der funktionale Steuerstand bietet eine gute Sitzposition, die Füße finden auf einer ergonomischen Schräge den erforderlichen Halt. Alle Instrumente sitzen am richtigen Platz und selbstverständlich fehlen hier keine Getränkehalter. Ins Vorschiff gelangt man durch einen 50 cm breiten Durchgang, wofür das mittlere Segment der getönten und in polierten Aluminium gefassten Windschutzscheibe aufgeklappt werden muss. Die Bug-Lounge mit großer U-Sitzgruppe ist eine Art gepolsterte Wohlfühl-Oase, die reichlich Platz bietet. Unter der 56 x 45 cm großen Bugankerklappe lässt sich eine elektrische Ankerwinde installieren, die das Handling des Bootes unzweifelhaft erleichtert. Rutschfeste Bodenbeläge sowie zahlreiche Handgriffe und Handläufe sorgen für Tritt- und Griffsicherheit. Erwähnenswert ist, dass die HD 240 fast vollständig „unterkellert“ ist und sich unter den dicken Polstern jede Menge Staufächer befinden, die es nach und nach zu entdecken gilt. In Sachen Komfort und Sicherheit gibt es absolut nichts zu beanstanden. Hervorzuheben ist auch das Entertainment-System, das bei amerikanischen Qualitätsbooten ja nicht fehlen darf. Das optionale Premium-Soundsystem kostet 2.269 Euro. Standardmäßig sind iPod– und MP3-Anschlüsse vorhanden und Bluetooth- Konnektivität gegeben. Ambitionierte Wakeborder können das Boot mit einem Geräteträger aufrüsten lassen.
Jetzt sind wir gespannt, wie sich die Four Winns, die ja eher für ruhiges Wasser konzipiert wurde, auf dem kabbeligen Mittelmeer verhält. Ehrlich gesagt kann man in Sachen „Deck Boat“ auf Anhieb keinen sichtbaren Unterschied zu einem normalen V-Rumpf erkennen. Möglicherweise erscheint der Rumpf tatsächlich etwas flacher. Dennoch liegt das Boot stabil auf dem Wasser und geht butterweich durch die Wellen, dass es eine Freude ist. Bei einer Wellenhöhe bis etwa 100 cm und Windstärken zwischen 4 bis 5 Beaufort waren die äußeren Bedingungen nicht optimal für einen Speedtest, doch interessant für die „Rauwassertauglichkeit“ des Bootes. Und auch da gibt es sicherheitstechnisch nichts zu bemängeln. Es macht richtig Spaß, bei 3500 min-1 und etwa 20 Knoten zu gleiten und über die Wellenkämme zu rauschen. Es gibt kein hartes Einsetzen nach kurzen Flugeinlagen, und mit einer möglichen Motorisierung von 257,4 kW (350 PS) soll man bis zu 43 Knoten schnell unterwegs sein. Von Suzukis eingangs erwähntem DF250 AP angetrieben, ließen sich während unseres Messungen querab von Barcelona gute Beschleunigungswerte und stattliche 39,1 Knoten bei einer Enddrehzahl von 5600 min-1 erreichen.
Wer den Erwerb einer Four Winns HD 240 mit Außenborder ins Auge fasst, der entscheidet sich für ein einwandfrei verarbeitetes Sportboot mit hohem Komfort. Bei offiziell zulässigen 13 (!) gutgelaunten Crewmitgliedern ist Party-Spaß garantiert. Der Einstiegspreis von 59.459 Euro kann in Anbetracht des Gebotenen durchaus noch als moderat bezeichnet werden. Hinzu käme natürlich eine passende Maschine, die gemäß werftseitiger Leistungsempfehlung mindestens 147 kW (200 PS) mobilisieren sollte. Umfangreiche Ausstattungsmöglichkeiten geben dem Käufer freie Hand, seinem Boot einen individuellen Ausdruck zu verleihen.