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Test: Bella 700 Raid

Allzweck-Finnin

Praktische und wetterfeste Pilothouse-Cruiser unter 25 Fuß wie die finnische Bella 700 Raid gehören zu den Lieblingen von Küstenskippern und Meeresanglern. Mit der Bella 700 Raid brachte die finnische Bella-Werft ein Modell auf den Markt, das mit seiner enormen Vielseitigkeit viele Pluspunkte sammelt.

An der Großserienwerft aus dem ostfinnischen Kuopio sind der amerikanische Brunswick-Konzern und Mercury Marine beteiligt. Mit den bekannten Marken Bella Boats, Flipper Boats und Aquador Boats hat man damit ein auf internationalen Märkten breit aufgestelltes Angebot. Die an verschiedenen Produktionsstätten gefertigten GFK-Gleiter werden besonders in Norwegen und Schweden geschätzt und dorthin werden auch die meisten Boote geliefert. Allein diese Tatsache zeugt von der Rauwasser- und Seetüchtigkeit dieser Boote. Im Exportranking landet Deutschland immerhin auf dem dritten Platz und das spricht für einen zufriedenen und steigenden Kundenzuwachs. Seit 2010 entwirft der renommierte norwegische Bootsdesigner Espen Thorup Bella und Flipper-Boote. Seine oft prämierten Designs zeichnen sich durch innovative Lösungen und eigenwillige Formensprache aus. Die uns auf der Finnboat Floating Show 2016 vorgestellte Bella 700 Raid ist ein 6,65 m langer Pilothouse-Gleiter, der jedem Wetter trotzen soll und sich als raffiniertes Freizeit-Arbeitsboot anbietet. Wir haben das außergewöhnliche Boot unter die Lupe genommen.

Der erste Anblick polarisiert. Mit ihrem gedrungenen Deckshaus wirkt die Bella 700 Raid wie ein auf Beute lauerndes Raubtier. Damit wird sie schon dem Namen „Raid“ gerecht, den man mit Angriff, Überfall oder Streifzug übersetzen könnte. Und selbstverständlich ist eine Ausfahrt mit der Bella 700 Raid Kommandosache. Das mit orangefarbenen Streifen versehene weiße Gelcoat des Bootes wirkt hingegen versöhnlich. Gäbe es den Gleiter in einer Camouflage-Version müsste man davor fast Angst haben. Das Design ist Geschmackssache, doch hat es viele praktische Seiten, zu denen wir noch kommen. Ein guter Zugang zum Boot ist schon allein durch die beiden 35 cm breiten Durchgänge am Heck gewährleistet. Das Achterdeck ist mit einer nutzbaren Fläche von 180 x 225 cm durchaus für Freudentänze geeignet. Und weil der Zugang zum Deckshaus mit Hecktür schräg angeschnitten ist, kann sich niemand beim Tanz am Kopf stoßen. Das Deck wird von einem 80 cm hohen Freibord umzäunt, dass steuerbordseitige Gangbord, bzw. Laufdeck zum Bug mit Ankerkasten und Sitzbank ist 38 cm breit. Das Deck ist gut zu begehen und vermittelt Sicherheit.

Das Achtercockpit lässt sich optional perfekt zum Angeln aufrüsten, gerade Trollingangler können hiervon profitieren. Ein Filetiertisch ist bereits vorhanden. Der optionale Aussen-steuerstand (3.445 €) bietet sich hierbei ebenfalls als sinnvolle Ergänzung an. Durch eine Heck-Schiebetür mit 47 cm Einlassbreite gelangen wir ins Ruderhaus, wobei uns ein 55cm einstufiger Niedergang nach unten führt. Im Cockpit dominieren insgesamt 4 Komfortsitze, die in Zweier-Sitzgruppen hintereinander angeordnet sind. Diese Anordnung unterstreicht die Kommandosache. Die mittig im Bug befindliche Schlupfkajüte bietet zwei Personen Platz und genügt für Abwetterungen oder ein Wochenende mit Übernachtung in freier Wildbahn. Mit einer Stehhöhe von 190 cm und einer Breite von 180 cm ist das Raumangebot im Ruderhaus nicht gerade üppig. Dennoch findet ein Kühlschrank und eine kleine Pantry Platz. Eine Chemie-Toilette kann ins Achtercockpit geschoben werden. Optional gibt es aber auch ein elektrisches Marine-WC (2.290 €). Der eher auf ein professionelles Arbeitsboot abgestimmte Grundkomfort mutet etwas spartanisch an. Wer die Vorzüge eines robusten Bootes ohne überflüssigen Schnickschnack zu schätzen weiß, wird in der Bella 700 Raid ein ideales Arbeitsgerät entdecken.

Kommen wir zu den praktischen Vorzügen des niedrigen Deckshauses. Wird das Boot als Transporter eingesetzt, lassen sich auf den auf dem Dach befindlichen Geräteträgern allerlei Freizeitutensilien wie z. B. Kajaks oder Schlauchboote verstauen, ohne dass man dabei Verrenkungen machen muss. Und auch der Skipper kann seine Nase aus dem über ihm befindlichen Schiebedach stecken. Das knuffige Deckshaus garantiert der ganzen Besatzung einen perfekten Überblick über das Bordgeschehen und die Manöverlage. Apropos Manöver: Wer mit einem Bugstrahlruder eine gute Figur machen möchte, der kann es optional ordern (3.965 €). Nicht zuletzt reduziert das niedrige Ruderhaus auch die übliche Windanfälligkeit leichter Pilothouse-Cruiser.

Designer Espen Thorup sieht das Boot neben dem Angeln vor allem als Transporter. „Wenn eine finnische Familie aus Helsinki am Wochenende zu ihrem 100 Kilometer entfernten Ferienhaus in den Archipelago will, dann müssen sie ein trockenes und schnelles Boot haben, mit dem sie auch alle Sachen transportieren können. Genau dafür ist die Bella 700 Raid gut“, erklärt Designer Espen Thorup. Wer dabei unterwegs von schlechtem Wetter überrascht wird, könnte die optionale Wallas-Heizung anschmeißen (2.975 €). Der aufgeräumte Steuerstand unterstreicht das praxisnahe Design des Bootes. Neben der in Richtung Mitte positionierten Steuerkonsole mit einem GARMIN echoMAP 91sv Kartenplotter sind die Instrumente für Trimm, Bugstrahlruder und Motorschaltung angebracht. Man sitzt bequem und hat eine gute Übersicht.

Wir legen den Gang ein und der 200 PS-Mercury-Verado am Heck beginnt leise und durchzugsstark zu werkeln. Bei 2500 min-1 hebt sich das Boot aus dem Wasser und wir vermerken dabei 67 dB/A. Die ideale Cruisergeschwindigkeit könnte mit knapp 25 Knoten bei 4000 min-1 liegen. Nach oben hin bleibt dabei noch soviel Luft, dass man durchaus und ohne die Vollastdrehzahl von 5800 bis 6400 min-1 und Vollspeed zu erreichen, auf sportliche 38 Knoten anziehen könnte. Mit tabellarisch veranschlagten 1,37 Liter Benzin pro Seemeile in moderater Gleitfahrt und Reisegeschwindigkeit, käme man mit dem 224 Liter-Tank rechnerisch 163 Seemeilen weit, was zu Lande eine Strecke von 300 Kilometern bedeuten würde. Wie nicht anders von einem bewährten V-Rumpf zu erwarten, sind Fahreigenschaften wie Geradeauslauf und Kurvenstabilität ohne Fehl und Tadel. Selbst größere Wellenkämme durchbricht der kleine Kreuzer ohne Wasser zu nehmen oder hart auf-zuschlagen.

Alles in allem empfiehlt sich die Bella 700 Raid uneingeschränkt für Küsten-Skipper. Je nach Grad der Zusatzausstattung bleibt der Grundpreis ohne Motor knapp auf dem Teppich, wenngleich der Preis des Testbootes mit 93.592 Euro nicht gerade ein Schnäppchen ist.

Balt 918 Titanium

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