TEST ABSOLUTE NAVETTA 68
Absolut faszinierend
Mit einem Grundpreis von über zwei Millionen Euro ist die italienische Yacht Absolute Navetta 68 zwar keine Megayacht, aber ein durchaus kostenintensives Freizeitvergnügen mit hohem Reputationsanspruch. Als Megayachten werden Boote bezeichnet, deren Länge jenseits der 30-Meter-Marke liegt und die in der Regel zweistellige Millionenbeträge kosten. Dennoch ist es interessant zu sehen, welcher Komfort sich auch in einem 20-Meter-Schiff unterbringen lässt. Die 2019 auf dem Yachtfestival in Cannes vorgestellte Navetta 68 schließt die Baureihen-Lücke zwischen einem 58- und 73-Füßer, und somit hat Absolute Yachts in den vier Modellreihen Navetta, Flybridge, Sport Yacht und Sport Line nun insgesamt 15 Yachten in Längen zwischen 40 und 73 Fuß im Programm. In erster Linie für Blauwasser- und Küstenreviere gedacht, eignen sich Motoryachten dieser Größenordnung nur eingeschränkt für den Binnenbereich und geraten in unseren heimischen Gewässern daher kaum ins Blickfeld.
An Bord geht es über eine elektrohydraulische Gangway. Bereits die Gestaltung des Achtercockpits beeindruckt den Betrachter. Fußboden und Stufen sind aus massivem Teakholz. Es gibt einen direkten Zugang zum Maschinenraum, die Edelstahlrahmen der Eingangstür zum Salon bestehen aus Rauch-Acrylglas. Es gibt zwei große Verholwinden mit Fußbedienung, Stauräume für Leinen, Teakholz auf der hydraulischen Badeplattform, eine Dusche mit Mischbatterie, zwei Plattformtreppen, eine große Hecksitzgruppe, einen elektrisch ausfahrbaren Sonnenschutz sowie einen direkten Zugang zur Crewkabine, die durch breite Heckfenster mit Licht versorgt wird. Hier befinden sich zwei Einzelkojen, Toilette und Dusche, ein Zugang zum Maschinenraum, die elektrische Haupt-Schalttafel, eine Waschmaschine sowie eine optionale Kühl-Gefrierkombination. Der beidseitige Weg zum Vordeck mit Sonnenlounge und Ankerfach erfolgt über fast 50 cm breite und mit Teak belegte Gangborde, die von einer hohen Schanz mit Seereling sicher gesäumt sind. Über der Sonnenlounge mit vielen elektrischen und individuellen Verstellmöglichkeiten von Tisch und Liegen lässt sich bequem ein Bimini-Top mit Carbon-Stangen aufbauen, und so wird das gesamte Vorschiff zum chilligen Familien- oder Besatzungstreffpunkt.
Die in vier Bereiche unterteilte Flybridge überdacht alle Wohnbereiche des Hauptdecks inklusive Plicht und ist stilistisch eine Klasse für sich. Neben dem nicht ganz mittig angesetzten Steuerstand mit Einzelsitz wurden zwei Sofa-Sitzgruppen postiert, so dass für alle Passagiere eine optimale Wohlfühl-Atmosphäre garantiert ist. Neben massiven Teakböden lässt sich die Fly mit einem Hardtop inklusive Stoffverdeck überdachen und einem elektrisch ausfahrbaren Sonnenschutz bis zum Heck aufrüsten. Ein Clou ist die zentrale Bar-Sektion, die mit Wetbar, Kühlschrank, optionalem Ice-Maker und Grill aufwartet. Direkt gegenüber befindet sich eine Essecke mit Lounge. Die Achterschiff-Terrasse der Flybridge kann mit Liegestühlen ausgestattet für ein Sonnen-Schläfchen genutzt werden, alternativ lässt es sich an einer aufklappbaren Duschsäule abkühlen. Komfort und Sommer-Gefühl machen die Frischluft-Etage zu einem ganz besonderen Highlight auf der Navetta 68.
Der Salon auf dem Hauptdeck vereint elegantes Wohndesign und diverse technische Raffinessen. Dem klassisch zu nennenden Layout derartiger Yachten folgend, unterteilt sich der Salon in Küche, Essgruppe, Lounge und Steuerstand. Bei der Absolute Navetta 68 ist jedoch alles noch größer, noch edler und noch vielfältiger. Das riesige Raumangebot bietet eine derartige Fülle an Gestaltungs- und Optionsmöglichkeiten, dass man die Details auf den ersten Blick gar nicht wahrnimmt. Das Mobiliar besteht aus matter Ulme und hochglanzlackiertem Canaletto-Nussbaumholz in Dunkelbraun. Minotti-Sofas und -Sessel bilden Sitzgruppen um einen Couchtisch aus Aluminium und bronziertem Glas. Der Raum kann mit elektrischen Jalousien diskret abgedunkelt werden. Der ebenerdige Fußboden kommt mit massiven Eichenholz daher. Die Küche mit Miele-Elektrogeräten wie Induktionskochfeld, Mikrowelle und Ofen, Dunstabzug, Weinkühlschrank, Kühl- und Gefrierkombination, edlen Möbeln mit magnetischen Getränkehaltern und Dekton-Oberflächen dürfte so manchen Inneneinrichter erblassen lassen. Absolute Spitze ist jedoch die Kommandobrücke, die tatsächlich den Fahrständen von Megayachten ähnelt. Hier dürfte jeder ambitionierte Skipper in Begeisterung ausbrechen, denn es gibt kaum eine Boots-, Navigations- und steuertechnische Errungenschaft der Neuzeit, die es hier nicht gibt! Zur besseren Voraussicht ist der backbordseitig orientierte und höher liegende Fahrstand vom Salon getrennt. Ein Bonbon im elektrisch verstellbaren Fahrersitz ist die rechte Armlehne, in der sich die Menü-Bedienelemente für die 24-Zoll-Garmin-Displays verbergen. Man kann ganz entspannt sitzen und mit der Hand auf der Armlehne durch das Menü scrollen, auf den Displays wahlweise die Rückfahrkamera, eine Seekarte oder das Echolot anschauen. Und wenn die Passagiere im Rücken mal etwas lauter werden, dann genügt ein Knopfdruck, und die Steuersektion wird per ausfahrbarer Wand von den Rabauken abgeschottet. Dass es steuerbords natürlich auch eine Seitentür gibt, versteht sich fast von selbst.
Ein majestätisch anmutender Niedergang steuerbords neben dem Fahrstand führt in die untere Wohnsektion mit vier Doppelkabinen, die auch verwöhnte Passagiere mit hohen Ansprüchen beeindrucken dürften. Wir beginnen unsere Inspektion in der Masterkabine, die sich im Bugbereich befindet. Exzellente Furniere aus Nussbaum und Ulme, ein „Queensize“-Doppelbett mit Memory-Matratzen, heller Samt als Wandverkleidung und große getönte Seitenfenster bestimmen hier die Optik. Technisch mit jedem Wohnkomfort von Klimaanlage bis zum kompletten TV- und Audio-Entertainment ausgestattet, wurde die Masterkabine im Unterdeck etwas höher gelegt, um die Privatsphäre vor möglichen Störgeräusche und Vibrationen aus dem Maschinenraum zu schützen. Das Badezimmer verfügt über eine separate Dusche mit Duschsitz sowie zwei Waschbecken aus Calacatta-Marmor und erstrahlt in einer Eleganz, wie man sie ansonsten nur in Präsidenten-Suiten vorfindet. Direkt unter der Eignerkabine befindet sich ein begehbarer und möblierter Lagerraum, in dem sich Reise-Equipment in Schränken verstauen lässt. Doch auch in der mittschiffs gelegenen VIP-Kabine muss auf keinerlei Komfort verzichtet werden. Die gesamte Schiffsbreite einnehmend, entspricht sie in Größe und Interieur ebenfalls einer Masterkabine. Raffiniert ist ein elektrisch versenkbarer Spiegel im backbordseitigen Badezimmer, der auf Knopfdruck ein großes Seitenfenster zur Seeseite freigibt. Schließlich seien noch zwei Doppelkabinen zwischen Master- und VIP-Kabine erwähnt, deren Einzelbetten elektrisch zu Doppelbetten gefügt werden können. Beide Kabinen teilen sich ein Badezimmer mit langem Waschtisch und Dusche und sind vom Korridor aus zu erreichen. Dabei ist die Steuerbord-Kabine deutlich höher als das Gegenüber ausgelegt und per Schiebetür zu öffnen. In der Summe zeigt sich die gesamte untere Wohnsektion buchstäblich als Fünf-Sterne-Area, in der man sich geborgen fühlt und die man nicht mehr verlassen will. Die Bezugsentscheidung zwischen Master- und VIP-Kabine wird hier zur Qual der Wahl, denn beide Räumlichkeiten sind traumhaft schön.
Für standesgemäßen Vortrieb sorgen zwei zuverlässige Volvo-Penta-D13-IPS1200-Antriebe mit jeweils 900 Pferdestärken. Die Küste bei Genua zeigt sich bei Winden um 2 bis 3 Beaufort angenehm ruhig. Leise ziehen die beiden IPS-3-Pods mit gegenläufigen Duoprop-Propellern das Boot aus dem Hafen. Wir vermerken Geräuschemissionen von 61 dB(A) bei fünf Knoten Fahrt. Bei 1.000 min-1 erreicht das mit elf Personen besetzte und über 50 Tonnen verdrängende Testobjekt schon 12,5 Knoten. Bei etwa 14,7 kn und damit verbundenen 1.800 min-1 beginnt die Gleitfahrt und nur wenige Striche darüber legen wir bei 2000 min-1 und 18,4 Knoten die ökonomische Marschfahrt fest. Bei einem Brennstoffverbrauch von knapp 12 Litern Diesel pro nautische Meile käme man so rechnerisch gute 290 Seemeilen weit, also etwa 537 Kilometer. Die Höchstgeschwindigkeit erreichen wir bei 2.350 min-1 mit 25 Knoten, wobei mit 73 dB(A) nur ein Rauschen an die Ohren dringt. Die Laufeigenschaften des gemäß der nach CE-Norm B zertifizierten Premium-Bootes sind für eine Yacht dieser Klasse absolut überzeugend. Kursstabilität und Wasserlage sind hervorragend. Das optionale Seakeeper-Stabilisierungssystem für stolze 154.000 Euro bügelt Wellen und Seegang glatt, was manchem Passagier die Reisetabletten erspart. Dass sich die 20,52 m lange GFK-Yacht mittels modernster IPS-Antriebs- und -Steuerungstechnik bequem und präzise drehen lasst, sei ebenfalls angemerkt. Die doppelte Joystick-Steuerung auf der Fly und am Hauptsteuerstand ermöglicht bequeme und sichere Hafenmanöver.
Die Absolute Navetta 68 präsentiert sich als erstklassig verarbeitete, luxuriöse und einzigartige Fahrtenyacht. Der Netto-Basispreis ab Werft von 2.295.000 Euro ist angesichts der umfangreichen Standardausstattung als angemessen zu bezeichnen. Ordert man Optionen, die das Bordleben noch luxuriöser machen und technisch Machbares ausreizen, kratzt der Preis an der Drei-Millionen-Euro-Grenze. In jedem Fall ist die Absolute Navetta 68 ein exklusives Vergnügen, von dem man durchaus träumen darf.